Betreuungsgerichte | Nds. Landesjustizportal Sie machen sich Sorgen, weil Ihre Mutter oder Ihr Vater aufgrund einer fortschreitenden Demenz nicht in der Lage ist, seine oder ihre Bankgeschäfte selbst zu regeln oder auch Entscheidungen beim Arzt selbst zu treffen? Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer, wenn keine vorliegt,
Der Betreuer ist nicht dazu da, das tägliche Leben des Betreuten zu regeln, also z.B. für ihn zu kochen oder ihn zum Arzt zu fahren. Vielmehr geht es darum, dass der Betreuer die rechtlichen Entscheidungen für den Betreuten trifft. Dabei wird ein Betreuer nur für diejenigen Aufgabenbereiche bestellt, in denen der Betreute nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten zu regeln.
Dies kann z.B. die Gesundheitssorge sein, wenn etwa der Betreute auf Grund einer psychischen Erkrankung nicht zum Arzt gehen will, auch wenn dies dringend erforderlich ist, oder die Aufenthaltsbestimmung, wenn der Betreute in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden soll, weil er sich sonst selbst zu gefährden droht.
- Der Betreuer kann dann der ärztlichen Behandlung oder der Unterbringung des Betreuten gegen dessen Willen zustimmen oder – je nach Aufgabenbereich – die entsprechenden Entscheidungen treffen.
- Er ist gesetzlicher Vertreter des Betreuten.
- Wie läuft das Verfahren zur Einrichtung einer Betreuung ab? Das Betreuungsgericht leitet entweder von Amts wegen oder auf Antrag ein Verfahren zur Einrichtung einer Betreuung ein.
Den Antrag kann entweder die Person, die selbst Probleme bei der Regelung ihrer Angelegenheiten hat, oder aber eine dritte Person wie zum Beispiel Familienmitglieder, Freunde oder Nachbarn stellen. Manchmal erhält das Betreuungsgericht auch auf anderem Wege Kenntnisse davon, dass möglicherweise eine Betreuung eingerichtet werden muss.
- Dies kann der Fall sein, wenn die Person, um die es geht, in einem anderen Verfahren als möglicherweise betreuungsbedürftig auffällt.
- Das Betreuungsgericht holt ein Sachverständigengutachten ein, um zu prüfen, ob die betroffene Person tatsächlich nicht in der Lage ist, ihre Angelegenheiten zu regeln, und für welche Aufgabenbereiche ein Betreuer bestellt werden muss.
Es ergeht dann ein sogenannter Betreuungsbeschluss, in dem der Aufgabenbereich des Betreuers festgelegt wird und ein Betreuer benannt wird. Wenn die betroffene Person eine sogenannte Betreuungsverfügung erstellt hat, bevor sie betreuungsbedürftig wurde, ist dort oft bereits eine Person benannt, die die Betreuung übernehmen soll.
- Wenn diese Person geeignet ist, wird sie dann als Betreuer eingesetzt.
- Ansonsten wird geprüft, ob im näheren Umfeld der betroffenen Person eine geeignete Person vorhanden ist, die die Betreuung ehrenamtlich übernehmen kann und hierzu auch bereit ist.
- Auf die Wünsche des Betreuten wird hierbei besondere Rücksicht genommen.
Findet sich kein ehrenamtlicher Betreuer, setzt das Betreuungsgericht einen Berufsbetreuer ein. Auch Betreuungsvereine können die Betreuung übernehmen. Die Betreuer werden vom Betreuungsgericht unterstützt, aber auch beaufsichtigt. So müssen die Betreuer gegenüber dem Betreuungsgericht auf Verlangen Auskunft erteilen, mindestens einmal jährlich über die Betreuung und den Betreuten berichten und – bei einer Betreuung in Vermögensangelegenheiten – Rechnung legen.
- Für einige Maßnahmen muss der Betreuer auch die Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen.
- Einer solchen Genehmigung bedarf beispielsweise die Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder einen ärztlichen Eingriff, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute hierdurch stirbt oder einen schweren gesundheitlichen Schaden erleidet.
Ebenso muss der Betreuer die Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen, wenn er die Unterbringung des Betreuten in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung veranlassen oder die Wohnung des Betreuten kündigen will. Ist die Betreuung nicht mehr erforderlich, so wird sie aufgehoben.
- Werden dem Betreuer Umstände bekannt, die eine Aufhebung der Betreuung ermöglichen, muss er dies dem Betreuungsgericht mitteilen.
- Dies gilt auch für Umstände, die eine Einschränkung des Aufgabenkreises ermöglichen.
- Ist ein Betreuter „entmündigt”? Nein.
- Die Entmündigung gibt es nicht mehr.
- Auch wenn eine Betreuung eingerichtet wurde, bleibt der Betreute grundsätzlich handlungsfähig.
Er darf zum Beispiel also auch Verträge schließen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht dann, wenn das Betreuungsgericht einen Einwilligungsvorbehalt für einen Betreuten angeordnet hat, weil dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen eines Betreuten erforderlich ist.
- Dieser Einwilligungsvorbehalt hat zur Folge, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenbereich des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf.
- Schließt der Betreute den Vertrag ohne diese erforderliche Einwilligung, so hängt die Wirksamkeit des Vertrages von der Genehmigung des Betreuers ab.
Ist beispielsweise für einen Betreuten eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge eingerichtet und ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, so kann der Betreute nicht einfach ein Auto kaufen. Vielmehr muss der Betreuer vorher – oder zumindest hinterher – seine Zustimmung geben, damit der Vertrag wirksam ist.
Der Betreuer muss zum Wohl des Betreuten handeln. Dabei hat er – soweit wie möglich – seinen Wünschen zu entsprechen, wenn diese seinem Wohl nicht zuwiderlaufen und auch für den Betreuer zumutbar sind. Zum Wohl des Betreuten gehört nämlich auch die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
Daher hat der Betreuer auch wichtige Angelegenheiten grundsätzlich vorher mit dem Betreuten zu besprechen. Hat der Betreute, als er einwilligungsfähig war, eine Patientenverfügung verfasst, also für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte ärztliche Eingriffe, die zum Zeitpunkt der Abfassung der Patientenverfügung noch nicht unmittelbar bevorstanden, einwilligt oder sie untersagt, muss der Betreuer prüfen, ob diese Patientenverfügung für die aktuelle Situation „passt”.
Ist dies der Fall, muss der Betreuer den Willen des betreuten Patienten befolgen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden. Wenn keine Patientenverfügung vorliegt oder die Patientenverfügung auf die aktuelle Situation nicht anwendbar ist, muss der Betreuer den mutmaßlichen Willen des Betreuten ermitteln.
Er muss also prüfen, wie der Betreute in der aktuellen Situation entschieden hätte, wenn er hierzu in der Lage wäre. Wichtig sind hierfür frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen des Betreuten und seine persönlichen Wertvorstellungen. Vorsorgevollmacht Hat eine Person eine Vorsorgevollmacht erstellt und darin eine Person bevollmächtigt, die Entscheidungen für den Vollmachtgeber treffen können soll, so ist eine gerichtliche Betreuung überflüssig.
- Auch hier ist wichtig, für welche Bereiche die Vollmacht gilt, zum Beispiel für finanzielle Angelegenheiten wie Bankgeschäfte oder für die Gesundheitssorge wie Einwilligungen in ärztliche Behandlungen.
- Nur in den Bereichen, in denen eine Vollmacht besteht, kann der Bevollmächtigte auch für den Vollmachtgeber handeln.
Wenn eine Patientenverfügung vorliegt und der Bevollmächtigte auch Entscheidungen über ärztliche Behandlungen treffen soll, gilt dasselbe wie für den Betreuer: Der Bevollmächtigte muss prüfen, ob die Patientenverfügung auf die aktuelle Situation anwendbar ist und den in der Patientenverfügung geäußerten Willen des Vollmachtgebers beachten.
Kann man einfach jemanden Entmündigen?
Niemand wird mehr entmündigt – Seit 30 Jahren nicht mehr – Aber die Angst, durch eine Betreuung entmündigt zu werden und nichts mehr selbst entscheiden zu dürfen, ist groß. Seit vor 30 Jahren das das Vormundschafts- und Pflegerecht abgelöst hat, ist eine Entmündigung aber nicht mehr möglich.
Kann Betreuer abgelehnt werden?
Ein Betreuer kann nicht gegen den Willen eines Volljährigen bestellt werden. Wenn alles darauf hindeutet, dass der Betroffene trotz seiner Beeinträchtigungen über einen freien Willen verfügt, kann das Gericht eine Betreuung ablehnen. Nur im umgekehrten Fall, wenn ein Betreuer bestellt werden soll, muss ein Sachverständiger eingeschaltet werden.
Kann ein betreuter einen Anwalt beauftragen?
Anwaltsbeauftragung durch Betreuten – möglich? Immer wieder erlebt man es in der Praxis, dass die Betreuer sich weigern, Anwaltshonorare zu bezahlen von Anwälten, die der Betreute beauftragt hat. Begründet wird dies damit, dass der Betreute aufgrund seiner Betreuung — selbst wenn noch kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wurde — einen Anwalt nicht beauftragen kann.
Sobald ein Einwilligungsvorbehalt vorliegt glauben auch viele Betreuer, dass sie auch dann dem Betreuten den Weg zum Anwalt versperren können, indem sie die Anwaltshonorare nicht zahlen. Diese Ansicht ist urnichtig und das Verhalten des Betreuers dürfte ein Grund sein, sogar anzuregen ihn abzulösen, wenn es mutwillig erfolgt, um eine Anwaltskontrolle durchzuführen.
Nach 105 Abs.1 BGB ist zwar die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen nichtig (hier ist der Betreute gemeint, für den ein Einwilligungsvorbehalt bestellt wurde). Anscheinend kennen aber viele Betreuer nicht 275 FamFG, wonach der Betreute auch wenn er geschäftsunfähig ist, einen Anwalt beauftragen kann und zwar ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit! Der Betreute ist ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig.
Auch die Behauptung von manchen Betreuern, dass sie die Anwaltskosten nicht bezahlen, weil der Betreute deswegen nicht in der Lage war einen Anwalt zu beauftragen, weil der Betreute keinen natürlichen Willen bilden kann ist falsch. Auch wenn der Betreute keinen natürlichen Willen bilden kann, kann er eine wirksame Vollmacht für ein Betreuungsverfahren erteilen.
Dies haben im Ubrigen auch schon Gerichte entschieden, wie beispielsweise das OLG Koblenz, Urteil vom 13.02.2014 — 6 U 747/13. Es gilt also ungeachtet einer etwaigen Geschäftsunfähigkeit oder eines Einwilligungsvorbehalts, dass der Betreute die rechtliche Befugnis hat, mit einem Anwalt einen Vertrag für die anwaltliche Vertretung zu schließen.
Für welche Entscheidungen benötigt der Betreuer die Genehmigung des Betreuungsgerichts?
Überschrift | Autor | Werk | Randnummer |
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BGB § 1904 Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen | Rainer Kemper | Schulz/Hauß, Familienrecht 3. Auflage 2018 |
1) 1 Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet.2 Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
(2) Die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet.
(3) Die Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist zu erteilen, wenn die Einwilligung, die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betreuten entspricht. (4) Eine Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901 a festgestellten Willen des Betreuten entspricht.